Auf den Hund gekommen? Vielleicht. Ab Ende Juni möchte ich in meiner Familie einen kleinen, 2 Monate alten, Gasthund begrüßen, der für 8-9 Monate bleiben darf. Für diese Zeit möchte ich ihn auch zu meinem Praxishund machen, denn er soll mich während meiner Arbeitszeit großteils dorthin begleiten. Mir ist es ein Anliegen, Sie vorzeitig darüber zu informieren, daher möchte ich ihn, ohne ihm bis jetzt begegnet zu sein, in etwa vorstellen und beschreiben, was das für Sie heißen könnte.
Was, wie und warum
Die Partnerhunde Österreich mit Sitz in Weitwörth bei Nußdorf in Salzburg bilden laufend Partner-Hunde (Assistenzhunde) für Menschen mit körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen aus, die ihren Besitzern und Teampartnern im Alltag mit bemerkenswerten Fähigkeiten helfend zur Seite stehen sollen. Meine Familie möchte sich am Konzept beteiligen und für die oben genannte Zeit einen Welpen zur Erziehung und Sozialisation aufnehmen. Unser zukünftiger Gasthund ist eine Mischung aus einem Labrador und Barbet (Französischer Wasserhund), frisch geboren am Gründonnerstag 2022.
Nach 8-9 Monaten wird der Hund zurück zur Organisation kommen und seine Assistenzausbildung antreten, in deren Lauf er seinen zukünftigen Team-Partner oder seine zukünftige Team-Partnerin kennenlernen wird. Der Abschied wird mir sicherlich nicht leicht fallen, wobei ich das große Ganze und den guten Zweck an erster Stelle sehe.
Zur Sozialisation gehört es auch, ihn in möglichst unterschiedliche Lebensbereiche einzubinden. Für mich bedeutet das, ihn mit in meine Praxis zu nehmen und ihn bei den Therapien dabei sein zu lassen. Starke Emotionen kennenzulernen wird zu seinem späteren Job gehören, hier kann ich sicherstellen, ihn nicht zu überfordern. Abgesehen davon bin ich persönlich davon überzeugt, dass sich die Anwesenheit eines Tieres positiv auf die Psyche auswirken kann. Mein Anspruch ist es nicht, einen kleinen Hundewelpen als einen Therapiehund anzuführen und ihn so darzustellen, vielmehr geht es mir um den generellen günstigen Effekt, den Tiere auf Menschen mit psychischen Schwierigkeiten haben können.
3 Überlegungen, welche Auswirkungen die Anwesenheit eines Hundes in der täglichen Praxis haben kann
Vorab: Es handelt sich hier um einen Blogartikel und keine wissenschaftliche Arbeit, weshalb ich hier nur anreiße, wie sich tiergestützte Interventionen auf Menschen auswirken können.
Er wertet nicht
Dem Hund ist es egal, weshalb Sie den Weg in die psychologische Therapie gewählt haben, worum sich Ihre Probleme drehen oder wie sich Ihr Leben derzeit mehr oder weniger einfach gestaltet. Es zählt nur, wie Sie sich gegenseitig begegnen – das persönliche rundherum ist nicht wichtig. Das erzeugt Freiraum und die Möglichkeit, auf dieser Ebene einfach nur zu sein. Ich möchte an dieser Stelle gerne einen Teil aus folgendem Text zitieren:
Diana Ladner in ihrem Artikel „Tiergestützte Psychotherapie – Das Tier als Eisbrecher“, 5/2016 in der wissenschaftlichen Zeitschrift Psychiatrie und Neurologie.
Hunde agieren naturgemäß «klientenzentriert», das heißt empathisch, nicht wertend, kongruent und mit
bedingungsloser positiver Zuwendung. Das ermöglicht eine offene und echt gemeinte Kontaktaufnahme zwischen Patient und Hund ohne Doppelbotschaften und Wertungen.
Er besänftigt und beruhigt
Astrid Aigner-Murhammer führt in ihrem Artikel an, dass sich gut sozialisierte Hunde nachweislich auf die Beruhigung ihres Umfeldes auswirken. Sie haben gelernt, Konflikte und Disharmonien in ihrer Umgebung bzw. in ihrem Rudel frühzeitig zu erkennen und sie durch Signale der Beruhigung zu entschärfen und Frieden wiederherzustellen. Das kann beim Gegenüber zu einer Verringerung von negativen Emotionen wie Angst, Zorn und Stress führen.
Er senkt den Stresslevel
Neben einer Reduktion von negativen Emotionen trägt die Anwesenheit von Hunden im therapeutischen Setting bzw. die Arbeit mit spezifisch dafür ausgebildeten Hunden zu einer Senkung der Herzfrequenz, der Atemfrequenz und des Kortisolspiegels (ein Hormon, das bei der Stressreaktion ausgeschüttet wird) bei. Zudem ist es erwiesen, dass das Streicheln von Tieren zu einer Ausschüttung des Hormones Oxytocin führt (ein Bindungshormon, das auch als „Kuschel- oder Liebeshormon“ bezeichnet wird). Einen groben Überblick mit einer angeführten Studie können Sie hier nachlesen.
Wie Sie sich die Anwesenheit des Hundes vorstellen könnten
Nachdem ich noch nicht weiß, wie der kleine Welpe sich idealerweise in den Praxisalltag einfinden wird, kann ich Ihnen das nur beschränkt beantworten. Ich gehe davon aus, dass es sicherlich anders als bisher sein wird, wenn sich noch ein Lebewesen im Raum aufhalten wird. Es kann sein, dass die Aufmerksamkeit immer wieder zu ihm abschweifen wird, dass er sich regt und bewegt. Eventuell muss er erst lernen, nicht zu „stören“. Andererseits finde ich es eine wunderbare Möglichkeit, sich in Achtsamkeit zu üben, sich zu fokussieren und die Perspektivenübernahme und Empathie zu schulen. Wie gesagt, der Hund wertet nicht, und bietet sich für Kontaktaufnahme und bedingungslose Begegnung an.
Wenn Sie Angst vor Hunden haben sollten, bekommen Sie die Möglichkeit, sich in sanftem Rahmen liebevoll und einer geballter Ladung kindlicher Niedlichkeit in geschütztem Rahmen zu konfrontieren. Falls es für Sie nicht vorstellbar sein sollte, gemeinsam mit einem Hund in den therapeutischen Prozess zu gehen, wird es auch Tage geben, wo der Hund nicht mit dabei ist.
Ich möchte Sie ermutigen, sich gemeinsam mit mir auf diese neue Erfahrung einzulassen und sich selbst ein Urteil zu bilden. Sollten Sie Fragen oder Befürchtungen haben, können wir gerne darüber sprechen.